Diesen Blog durchsuchen

Sonntag, 2. April 2017

Der Vorleser - Bernhard Schlink


„Ich mochte nicht, wie ich aussah, wie ich mich anzog und bewegte, was ich zustande brachte und was ich galt.“ (S.39)

Ja ich weiß, hört sich wie eine Passage aus einem Selbsthilfewerk für Melancholie und Selbsthass an, aber dieses Zitat ist aus dem Buch `Der Vorleser´ und gewiss alles andere als ein Ratgeber.
Denn hier geht es um den rundum normalen, fünfzehnjährigen Michael und die nicht ganz so normale, sechsundreißigjährige Hanna.
Was an einer Mutter - Sohn Geschichte nun so spannend ist? Ganz einfach, es ist keine. Denn hierbei handelt es sich um eine Liebesbeziehung und jede Menge historischen Erörterungen, was insgesamt eine hochwertige Komposition darstellt. Doch dazu später mehr.
Alles beginnt eigentlich damit, dass Michael Gelbsucht bekommt und sich auf der Straße erbricht. In diesem romantischen Moment kommt ihm eine Frau, (Überraschung, es ist Hanna) zur Hilfe, beseitigt das Malheur und nimmt ihn mit in ihre Wohnung, wo er nicht das letzte Mal sein wird.
Denn schnell stellt Michael fest, dass Hanna sehr anziehend auf ihn wirkt und dies scheinbar auf Gegenseitigkeit beruht, denn sie verbringen daraufhin den ganzen Sommer zusammen.
Sie motiviert ihn, trotz den schulischen Versäumnissen durch die Krankheit, die Klasse zu schaffen und er liest ihr vor, da sie (was keiner weiß) Analphabetin ist. Natürlich schlafen sie auch miteinander, was ihre ganze Beziehung im Verlauf fast ausschließlich dominiert.
Doch nach diesem einen Sommer verschwindet Hanna spurlos und taucht für eine lange Zeit nicht mehr auf.

Lange Zeit heißt jedoch nicht für immer, denn sie treffen sich wieder, obwohl die Bedienungen eher schlecht sind und dieses Wiedersehen nichts mehr mit den schönen Erinnerungen des letzten Sommers zu tun hat.
Das ganze Werk teilt sich in drei Teile, welche nach meinem Empfinden jeweils eine ganz eigene Geschichte erzählen, die lediglich einem großen, höchst poetischem roten Faden folgen.
Gerade im ersten Teil geht es viel um die Liebe von Michael zu Hanna und deren Auslebung, um es weniger detailliert zu umschreiben. Gerade weil dieser Teil so romantisch war und ich ein Kitsch- Liebhaber bin, fand ich diesen auch am besten und war mit der Zeit so von der Beziehung eingenommen, dass ich auf den Ernst der kommenden zwei Teile nicht vorbereitet war.
Denn hier geht es um die grauenhaften Taten, welche Hanna in ihrer Abwesenheit vollbrachte, sowie deren Konsequenzen.
Und genau das hat den Mittelteil für mich so zäh gemacht. Ewig wurde alles juristisch ausdiskutiert und in der Vergangenheit nach dem Haar in der Suppe gesucht, was keinesfalls langweilig, aber sehr langatmig war.
Trotzdem habe ich es nicht bereut, den `Vorleser´ gelesen zu haben, da die Geschichte in sich sehr rund und erfrischend besonders ist.
Was ich jedoch zum Ende noch anmerken möchte, ist, dass dieses Buch ganz nach meinem Geschmack kein Happy-End bereithält und ich es mit der gleichen Faszination schloss, mit der ich es auch aufschlug.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen