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Montag, 8. Juni 2020

DUNKEL - Ragnar Jónasson

(Rezensionsexemplar)

Dieses Buch hält ein Ende bereit, welches ich so niemals erwartet hätte! 

Neben dem wunderschönen Cover konnte mich auch der Inhalt voll überzeugen. Ich las DUNKEL in nur wenigen Stunden und wollte immer wissen, wie es um Hulda und den eingemotteten Fall weitergeht, da das Leben für die Protagonisten nur allzu realistische Hürden bereithielt! 

Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, soll frühzeitig in Ruhestand gehen, um Platz für einen jüngeren Kollegen zu machen. Sie darf sich einen letzten Fall, einen cold case, aussuchen – und sie weiß sofort, für welchen sie sich entscheidet. Der Tod einer jungen Frau wirft während der Ermittlungen düstere Rätsel auf, und die Zeit, um endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen, rennt. Eine Wahrheit, für die Hulda ihr eigenes Leben riskiert …

Ich muss sagen, dass ich die meisten Thriller recht unvoreingenommen aufschlagen kann. So auch hier, auch wenn ich mir aufgrund des Covers wirklich sehr wünschte, dass mir die Story dahinter zusagen würde. Gott sei es gedankt: Die Geschichte war einzigartig und ein reinstes Lesevergnügen! 
Schon von der ersten Seite an war ich voll in der Story drin, sie brauchte kaum Anlaufzeit und ließ den Leser leicht in die Welt um die angehende Rentnerin Hulda eintauchen. Ihre Handlungen und Entscheidungen waren von Beginn an nachvollziehbar, und auch die Konsequenzen derer überraschten mich immer wieder mit ihrer realistischen Ausarbeitung.
Ich mochte die kurzen Kapitel wirklich gerne, da so der Leser nach jedem Abschnitt über das Gelesene reflektieren - und sich seine eigenen Gedanken zu dem Inhalt machen konnte. Das mag ich bei einem Buch persönlich sehr gerne, wenn es einem von der Struktur des Werkes her erlaubt wird, die Informationen auch zu verdauen und man nicht in einem nimmer endenden Inferno an Wörtern ertrinkt. Auch der Schreibstil war leicht und flüssig zu lesen und ließ mich nie stocken. Auch fand der Autor an fast jeder Stelle die richtigen Worte. Manchmal wurden mir seine Ausschweifungen in Huldas Selbstmitleid etwas zu langweilig und ich übersprang einen oder zwei Sätze, aber dies passierte nur sehr selten, da ihr Selsbtmitleid sich meist in Grenzen hielt. Auch wenn das genau der Punkt ist, der mich im gesamten Werk am meisten gestört hat: Hulda selbst. Man soll mich hier nicht falsch verstehen, ich fand es sehr originell und spannend mal von einer Protagonistin zu lesen, die dabei ist Rentnerin zu werden (ich glaube, das hatte ich tatsächlich noch nie) aber genau dieser Punkt störte mich eben auch manchmal. Die Wehleidigkeit, die mit dem Alter kommt, die blöde "Jugend von heute"- Einstellung und die Talentlosigkeit, mit elektrischen Geräten umzugehen, malten gepaart mit ihrer Unfähigkeit, auch mal den Fehler bei sich selbst zu finden ein sehr unsympathisches und klischeehaftes Bild, welches ich leider nicht komplett übersehen konnte. Ich fand auch Huldas gute Seiten in ihrer Hartneckigkeit, ihrem Sinn für Gerechtigkeit und ihrer (einstweiligen) Selbstlosigkeit.
Auch schaffte der Autor es, dass ich mich sehr für das Schicksal der toten Elena interessierte und auch ungeachtet der Hauptprotagonistin immer weiter lesen wollte. (Deshalb habe ich sie auch auf das Bild gemalt, da sie in meinen Augen eine tragende Rolle spielte.)
Neben Hulda selbst haben mich noch einige weitere Kleinigkeiten gestört, dessen Fehlen das Werk noch realistischer gemacht hätten: Einmal finde ich es sehr einseitig, dass so gut wie alle Protagonisten in dem Buch gegen Hulda sind. Auf der einen Seite kann ich es schon verstehen, ich würde auch nicht gerne mit ihr befreundet sein, aber in dem Buch scheint es, als würden alle sie hassen. So will sie es uns zumindest verkaufen. Eine helfende Hand bei der Polizei selbst hätte schon gereicht, um die gesamte Situation nicht mehr so abstrakt wirken zu lassen. Generell bekam man wenige Informationen zu dem Polizeiteam selbst. Es ist von einem Charakter die Rede, welcher seinen Job offensichtlich nicht gut macht, was auch dem Chef bewusst ist. Doch warum wird er dann nicht gefeuert, oder zumindest degradiert? Wäre es nicht Negativpresse, wenn ein solcher Komissar immer wieder Fälle verhaut? Ich meine, das würde doch irgendwann die Runde machen und der Polizei auf die Füße fallen, oder nicht? Erklären kann ich mir auch nicht, wie ein Fall, wie der den sich Hulda aussuchte, aufgrund der Beweislage, die vorlag, so schnell geschlossen werden konnte? Das Bild, welches in diesem Buch von der Polizei entworfen wird ist schon sehr negativ belastet und auch wenn ich mich bezüglich dessen nicht sonderlich gut auskenne, kann ich mir nicht vorstellen, dass es so fahrlässig wirklich in einem Präsidium ablaufen würde.
Auch wenn diese Kritik jetzt nicht danach klingt, als hätte ich das Werk besonders toll gefunden, ist dem nicht so. Im Gegenteil. Die angebrachten Kritikpunkte fielen mir erst nach dem Lesen beim Reflektieren auf, haben mich also im Leseprozess nicht wirklich gestört. (Außer Huldas Charakter, aber wenn man sich einmal auf diesen eingestellt hat, war sie eine erfrischende Abwechslung.)
Was das Buch in meinen Augen jedoch so besonders macht, ist das Ende. Da ich nicht davon ausgehen kann, dass jeder, der diese Rezension liest, das Werk schon kennt, kann ich darauf leider nicht genauer eingehen. Aber ich kann so viel sagen, dass ich nach der letzten Seite mit offenem Mund vor dem Buch saß. Ich dachte immer gut das Ende eines Buches voraussehen zu können, doch  was hier geschah hätte ich nicht mal in meinen kühnsten Träumen erwartet. Makabererweise treffen hier Schock und Begeisterung aufeinander und diese gemischten Gefühle sorgen dafür, dass dieses Werk so einzigartig ist. Denn sind wir doch mal ehrlich: Die meisten Thriller enden unterm Strich ja alle gleich. Dieser nicht. Gerade da DUNKEL der Auftakt zu einer Trilogie ist, kann ich immer noch nicht fassen, was passierte und bin mehr als gespannt auf die Folgebände.

Ich kann dieses Buch also wirklich nur empfehlen. Vielleicht als Lektüre für den Zug oder den anstehenden Sommerurlaub. Oder aber auch für die Liege auf dem Balkon oder im Garten. Denn es liest sich locker leicht weg und hinterlässt einen mit einer so intensiven Gefühlsregung, dass man nicht anders kann, als dieses Buch für eine lange Zeit in Erinnerung zu behalten.


8 / 10 Rentenpunkte


Allgemeines zum Buch:
Erscheinungsdatum : 25.05.2020
Preis                        : 15,00€
Seitenzahl                : 384

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